Ein Fokus auf die Einsparung von Strom und anderer Energie ermöglicht einen früheren Kohleausstieg und hilft, die Klimaziele einzuhalten. Wir ordnen die Lützerather Kohle-, Emissions- und Strommengen ein und zeigen beispielhafte Maßnahmen, die deren Nutzung erübrigen können.

Lützerath ist derzeit ein Symbol der Klimagerechtigkeitsbewegung. Verschiedene Experten diskutieren über die energiewirtschaftliche Notwendigkeit der Kohle unter Lützerath. Durch die “Devastierung” des Dorfes könnten zusätzliche 110 Mio. Tonnen Braunkohle gefördert werden. Damit können etwa 90 TWh Strom produziert werden. Bei der Verbrennung von 110 Mio. Tonnen Braunkohle entstehen etwa 110 Mio. Tonnen CO2. Zur Einordnung: Der Sachverständigenrat für Umweltfragen hat für Deutschland ab 2022 ein Restbudget für Emissionen von 3.100 Mio. Tonnen CO2 berechnet, um das 1,5 Grad Ziel mit 50%-iger Wahrscheinlichkeit zu erreichen. Es handelt sich also um ca. 3,5% des gesamten deutschen Restemissionsbudgets.

Energiesparen und Suffizienz können den Strom-, Energie- und Ressourcenbedarf massiv reduzieren. Bisher werden diese riesigen Potentiale viel zu wenig adressiert, das Energieeffizienz-Gesetz ist trotz Kanzlermachtwort immer noch nicht umgesetzt. Die folgenden Beispiele geben einen Eindruck über die Größenordnung: Diese Maßnahmen reduzieren den deutschen Stromverbrauch um 120 TWh innerhalb von 8 Jahren bis 2030, das ist mehr Strom als aus 110 Mio. Tonnen Kohle gewonnen werden könnten:

  • Kleine statt mittlere und große Elektroautos bis 2030: Die Bundesregierung zielt auf 15 Mio. Elektroautos bis 2030 in Deutschland. Würden statt hauptsächlich Mittelklassewagen und einige Oberklassewagen hauptsächlich Kleinwagen produziert und zugelassen, könnten über 40 TWh an Stromverbrauch für Elektromobilität eingespart werden.
  • Kühlen und Gefrieren: Abschalten von Zweitgeräten, kleinere Geräte, Anhebung der Temperatur spart mindestens 2,4 TWh
    Waschen/Trocknen und Spülen: kleinere Geräte, seltenere Nutzung, niedrigere Waschtemperaturen spart mindestens 6,4 TWh
  • Kochen und Backen: Restwärmenutzung, Eliminierung von Standbyverlusten spart mindestens 4,8 TWh
  • Beleuchtung: bewusstes Abschalten in unbenutzten Räumen, Verkleinerung überdimensionierter Leuchtmittel spart mindestens 0,8 TWh
  • Unterhaltung, IKT: Abschalten bei Nichtnutzung, Eliminierung Standby-Verluste, kleiner Bildschirmdiagonalen, Umstieg auf kleinere energiesparende Anlagen spart mindestens 13,6 TWh
    El. Warmwasser: kürzere Duschzeit, größere Frequenz, Vermeidung von Vollbädern spart mindestens 23,2 TWh

Diese Beispielrechnungen zeigen deutlich und illustrativ das Einsparpotential im Stromverbrauch. Die Potentiale für Einsparung von Strom, Wärme, Brennstoffen, Emissionen und Ressourcen durch Suffizienz sind auch in anderen Bereichen sehr groß (weitere Beispiele z. B. hier) und die Möglichkeiten für Suffizienzpolitik vielfältig.

Es bestehen also Alternativen zur Kohleverstromung und zum Aufbau von Überkapazitäten an fossilen Infrastrukturen – es bedarf einer absoluten Reduktion des Energieverbrauches. Dies geschieht jedoch nicht von selbst: Wie bei Förderung, Regulierung und Ermöglichung der Erneuerbaren und der Effizienz bedarf es eines stringenten politischen Rahmens und öffentlicher Infrastrukturen, um Suffizienz zu ermöglichen, zu fördern und zu fordern. Suffizienz muss so zum naheliegendsten Verhalten werden, Produktions- und Konsumniveaus durch richtige Anreizstrukturen auf nachhaltige Levels begrenzt werden, um den Energie- und Ressourcenverbrauch so weit zu senken, dass ein gutes Leben auf diesem Planeten weiterhin möglich ist.

Die Berechnung und Datenquellen für die überschlägige Abschätzung finden sich hier.

Dieser Beitrag als PDF: https://ensu.punkt.cloud/s/S8gpgqsFA3rqrfC